Birgit Huebner

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portraithaus

Häuser, Kunstverein Heinsberg

Zwei handelsübliche Gewächshäuser sind es im Wesentlichen, die die Ausstellung von Birgit Huebner prägen. Das eine steht im Innenhof der Anlage und ist mit verschiedenen Porträts versehen. Das andere markiert den zentralen Raum des Kunstvereins, der als Hülle für die transparente Haut über dem inneren Haus fungiert. Zahlreiche Zeichnungen hinter Glas zum Thema Architektur erlauben eine Verbindung zu den Häusern, die wie Plastiken den Umraum erforschen. Zwei Diaprojektoren im oberen Raum zeigen je 80 Dias in loser Folge, die abermals mit der Begrifflichkeit des Hauses spielen.

Birgit Huebner hat mit Malerei begonnen. Geblieben ist von ihr die Fläche sowie die Farbe. Basis für ihre heutigen Arbeiten sind aber Fotografien. Aufnahmen von Freunden und Bekannten, Notate, Bildnotizen eigener Reisen, umgesetzt in Zeichnung oder unzähligen Tupfen auf Acryl. Die Künstlerin arbeitet an der Stelle, wo sich Fläche und Raum begegnen, ineinander übergehen.

Sie arbeitet auf Flächen, die Räume begrenzen oder bilden, auf Scheiben zum Beispiel, sie arbeitet auf der Architektur, die unser Verhältnis zum Raum bestimmt. Und sie arbeitet in Räumen bezihungsweise erschafft neue Räume.

Das „HausimHaus“ ist eine solide, dennoch einfache und leichte Konstruktion. Im Inneren verbirgt sich ein zweites „Haus“. In den verkleinerten Maßen des ersten sind zahlreiche gleichgroße farbige Flächen zu erkennen. Doch dass es sich tatsächlich um ein Haus handelt, ist indes für den Außenstehenden nur eine Annahme. Man sieht keine Konstruktion, lediglich die Form des farbigen Körpers verhält sich zu dem Glashaus drumherum kongruent.

Wären die Scheiben klar, böte sich ein eindeutiger Anblick. So aber, als nur durchscheinende Fläche, verhindern sie diese Eindeutigkeit. Deshalb nehmen wir statt eines weiteren „Hauses“ zuerst und am deutlichsten ein grafisch- malerisches Gebilde wahr: zwei Flächen, die wie Giebel aussehen, zwei wie die Längsseiten eines Bauwerks. Aber ist es auch wirklich ein Körper? Beide Formpaare werden aus reiner Farbigkeit gebildet und sind somit weit weg von dem, was Häuser sind. Ansehen reicht also nicht mehr. Wir sind gefordert wahrzunehmen, zu spüren. Uns wird die Harmonie des Farbwechsels offenbar, der nicht zufällig sein kann, wir erkennen in dem, was wir sehen, viel eher ein abstraktes Bild.

Wir wissen zwar, dass ein Raum nicht in letzter Konsequenz autonom sein kann. Auch wenn die Arbeit „hausimhaus“ dem sehr nahe kommt. Weil wir, sobald wir seiner habhaft werden, jeden Raum mit unseren Gedanken anfüllen (wie es auch Birgit Huebner unternimmt, indem sie in den Diaprojektionen Wort-Assoziationen aufstellt) oder ihn mit anderen Räumen vergleichen. Meines Erachtens liegt der wahre Autonomiegedanke in unserer Wahrnehmung. Die Unabhängigkeit in uns selbst ist es, die uns veranlasst, wie wir einen Raum sehen und all das, was mit, an und in ihm geschieht.

Birgit Huebner fordert mit ihren Arbeiten für und in Räumen diese Unabhängigkeit von uns ein. Sie zwingt uns, unser Verhältnis zu dem, was wir sehen , neu zu bestimmen. Ein Haus ist ein Haus ist ein Haus, aber warum? Indem die Künstlerin die Grenzen neu bewertet, als Bildträger zunm Beispiel, verwandelt sich für den Betrachter der bekannte oder erwartete Raum. Er verliert an Masse und Inhalt, Dimension und emotional, an Gewalt. Für uns wird es leichter, mit ihm umzugehen. Zugleich setzt Birgit Huebner Zeichen in Gestalt von Gesichtern oder Farbflächen und erreicht, dass wir etwas völlig anderes mit dem verbinden, was wir sehen.

Stefan Skowron

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